Ich trug ein Hemd, ein Kleidungsstück,
und das war grün wie Gras.
Die Luft schien frisch, man roch zum Glück
kein Monoxid, kein Gas.
Das Warnlicht dann, das dumme Rot,
vergaß sich auszuschalten.
Ob Ampel, oder Gehverbot –
da werd’ ich eh nicht halten!
(Apposition [Appositio]: Erklärung, → auch Schmückendes Beiwerk in “Lyrisch”; Simile: Vergleich, meist mit “wie” [“dumm wie Bohnenstroh”], vergleiche → Metapher und Simile in “Lyrisch”)
Ich stell mich hin und falle auf
mit meinem grünen Kleidungsstück –
bei meinem roten Ampelglück
Da fall ich hin und stehe auf.
Ich lauf in grünem Anorak Amok bei rotem Licht.
Mich lockt ihr roter Widerschein, die Ampel lieb ich nicht.
(kreuzweise, die Wörter können sich ändern [“Aber viel die da sind die ersten / werden die letzten / Vnd die letzten / werden die ersten sein. – Matthäus 19; “Die Waffe der Kritik kann allerdings die Kritik der Waffen nicht ersetzen.” – Karl Marx]; vergleiche auch ↪ Antithese in “Spannung” und Umdrehen in “Geistreich”; längere chiastische Strukturen sind häufig in der Bibel, im Koran und auch in John Miltons Paradise Lost)
(Anorak/Amok und Ich/Licht sind vorzüglich klanglich gepaart
↪ Gleichklang in “Reim”)
Geh nicht bei Rot, um Grün zu tragen;
trag Grün, um es bei Rot zu wagen!
(Sinnveränderung durch Umkehrung der Wortfolge, die Wörter bleiben gleich [Jesaja 5: “WEh denen / die Böses gut / vnd Gutes böse heissen. Die aus Finsternis liecht / vnd aus Liecht finsternis machen. Die aus Sawr süsse / vnd aus Süsse sawr machen.”]; ein Chiasmus mit gleichen Wörtern ↪ Kreuzweise in “Geistreich”)
“Nicht alles, was zählt, kann gezählt werden, und nicht alles, was gezählt werden kann, zählt.” (Albert Einstein zugeschrieben)
Gar mancher wagt es, Grün zu tragen,
um trotzdem dann bei Rot zu zagen.
(Syncrisis [Synkrise, Synkrisis]: Antithese, Vergleich von Kontrastierendem in Parallelem [Jesaja 1 18: “Wenn ewer Sünde gleich blutrot ist / sol sie doch schneweis werden / Vnd wenn sie gleich ist wie rosinfarbe / sol sie doch wie wolle werden.”]; → auch Parallele Teilsätze und Gegensätze in “Spannung”, Paramoiosis [Paramoion]: Gleichklang in Parallelem → Gleichklang in “Reim”)
Evangeliumslied von William H. Doane
(“Wenngleich eure Sünden wie Scharlach sind”)
Mit grünem Hemde schleich ich auf dem Weg.
Weg mit dem alten Kleidungsstück!
Verkleidungsstücke sind zumeist recht schräg,
meins spiel ich heute ohne Glück.
Zu lange warte ich bei rotem Licht.
Licht ist der Einfall, den ich habe.
Ein Fall von Würde ist er aber nicht,
sonst würd’ ich warten. Doch ich trabe.
Ich wandle mit dem grünen Kleid im Grünen,
es grünt mein Glück im Wandel dieser Zeiten.
Beglückt darf ich die Kreuzung überschreiten
und brauche diesen Kreuzzug nicht zu sühnen.
(grammatische Formen verformen sich förmlich; Polyptoton [Ploke, Ploce]: kein “Polyp” sondern verschiedene Wortformen gleicher Wurzel (Wortstamms) [“sancta sanctorum”, das “Heilige der Heiligen” oder das “Allerheiligste”]; in meinem Beispiel: “wandle / Wandel”, “grünen / Grünen / grünt”, “Glück / beglückt”, “Kreuzung / Kreuzzug”; Antanaklase [Antanclasis]: Wiederholung des gleichen Wortes in anderer Bedeutung ↪ Andersdeutige Wortwiederholung in “Geistreich” und Trugschluss durch Mehrdeutigkeit in “Geistlos”)
Polyp Toton
(Polyp eigentlich von “poly pus” [viel Fuß]; Polyptoton von “poly ptotos” [viel Fall])
Mein Hemd trag ich gelassen und die Sorgen.
Ich zog das grüne, mich das Rote, an.
Man darf sich Geld, doch soll die Zeit, nicht borgen.
Ich schlug mich durch und euch in meinen Bann.
(“ich öffne dir die Tür und mein Herz”; “ich habe es getragen sieben Jahr – das Hemd”; “halb zog sie ihn, halb sank er hin er sie aus” (oder, noch verrückter, mit Ellipsen: “indem sich aus, zog sie mich an”); [↪ auch die unterschiedlichen Bedeutungen von “tragen” in Heines Ich unglücksel’ger Atlas!, bekannt in Schuberts Vertonung : “Ich unglücksel’ger Atlas! eine Welt, / Die ganze Welt der Schmerzen, muß ich tragen, / Ich trage Unerträgliches, und brechen / Will mir das Herz im Leibe.”] ↪ auch Syllepse in “Spannung” und Syllepse in “Selt aber würdig”; ↪ auch Prozeugma in “Geistreich”)
(der unglücksel’ge Atlas trägt weder Hemd noch Hose
doch die ganze Welt der Schmerzen)
Ich trug mein grünes Hemd, die Straße mich.
Mich ärgerte die Ampel, dann sie ich.
(Ein Zeugma ist witzig und dieser Satz eins, ↪ auch Syllepse in “Geistreich”; die Wiederholung des Zeitworts ist hier eingespart, bzw. das Verb “regiert” (mindestens) zwei unterschiedliche Subjekt-Objekt Satzteile (allerdings ohne doppeldeutig zu sein wie in der Syllepse): “Ich trug mein grünes Hemd, die Straße [trug] mich” [a(b+c)=ab+ac], [George Puttenham gibt dieses, im Englischen sehr bekannte, Beispiel: “Her beauty pierced mine eye, her speech mine woeful heart, her presence all the powers of my discourse.”, im gleichen Versmaß übersetzt: “Ihr Liebreiz stach mein Aug’, ihr Wort mein wehes Herz, ihr Dasein all die Macht in meiner Rede.”]; ↪ auch Ellipse; vergleiche ↪ Diazeugma in “Spannung” und Hypozeugma in “Humor”)
Zeugma bedeutet “Joch”
(ein Zeitwort [“unterjocht”] hat hier zwei “Ochsen” angespannt
[linker Ochse: “Mensch-Natur”, rechter Ochse: “Technik-Mensch”]: “Der Mensch unterjocht die Natur, die Technik den Menschen.”)