Tmesis
Ob giftig gleich sein grelles Grün
wollt an ich mir das Hemd heut ziehn
(doch wär mir aller Gelb dings lieber…).
Bei Rot schritt ich die Straße über.
An hatte ich ob grün
ein Hemd mir gleich gezogen,
bin ab sofort gebogen,
dem Rot noch ent zu fliehn.
(Wortzerschneidung, Zer Wort schneidung; auch der seltsame Name dieses Kapitels, “Selt aber würdig”, ist Resultat dieser Figur
(aus dem Struwwelpeter)
(Konrad, den armen Daumenlutscher, habe ich hinausgeschnitten)
hier noch ein weiteres Beispiel von mir selbst:
Ein Blöder und ein Hund
(tmesische Lyrelei von Rolf und Peter)
‘s war mal ein Blöder und ein Hund,
der kunterte gar allzu bunt
mit seinem Läster, seinem Mund,
bereits des morgens und zur Stund.
Bis zu den Welten tief im All
da widerte der stolze Hall
von seinem Wort, von seinem Schwall,
recht donnernd wie der Ur beim Knall.
Doch spät des abends dann beim Brot
da rang sein Atem mit der Not.
Er borngte noch ein letztes Mot,
schwupps war er mause schon — und tot…
[meine ursprünglichen Begriffe hier waren “blöder Hund, kunterbunt, Lästermund, Morgenstund, Weltenall, Widerhall, Wortschwall, Urknall, Abendbrot, Atemnot, bon mot, mausetot”];
das Deutsche ist an sich bereits eine besonders “tmesische” Sprache, da viele Vorsilben [Präfixe] oft vom Verb getrennt werden [ich möchte dir davon abraten: ich rate dir davon ab], aber nicht alle [ich entrate dem Kauf: ich rate dem Kauf ent]; lustig wird’s, wenn nicht teilbare Verben die Tmesis parodieren: ich rate sie hei [statt: ich heirate sie]; hier aus einem Scherzgedicht von Günter Nehm: “Dann waren beide fest verdrahtet, / sie hatten schließlich hei geratet. / Kein Besserer kam mehr vorbei, / drum sagten sie: Wir raten hei. / Oft zählt man zu den klugen Taten, / spontan und vorschnell hei zu raten. // Jedoch die Zeiten wurden trüber. / Bald waren sie sich drüssig über. / Er schätzte es, laut kra zu keelen, / sich schließlich völlig emp zu fehlen. / Moral: Der Wunsch zu schlafen bei / gibt keinen Grund zu raten hei.”)