Du trägst dein Hemd in Grün? Du springst so frisch und heiter,
gar wie ein junger Hund? Ach geh, du bist ja alt!
Dein Rücken ist gekrümmt, dein Frühling harsch und kalt;
verstohlen blüht er noch, doch ist’s ja nur dein zweiter.Du galoppierst bei Rot – ein Pferd und ohne Reiter?
Du find’st das toll und gut? Ja wart, da liegst du bald
in deinem eignen Blut! Wenn’s auf der Straße knallt,
dann geht das Leben aus, – kaputt, vorbei, nicht weiter.Drum fass dich in Geduld. Drum bleib nur hübsch bescheiden;
fällt uns dein Alter auf, gefällst du, Alter, nicht.
Sing Alexandr’en nicht, die klingen wie Geleier.Red nie zu alt und klug; erspar uns dein Geseier.
Geh brav in dunklem Wams, geh nur bei grünem Licht.
So bist du lieb, mein Freund, so mögen wir dich leiden!
(→ Gryphius:”Du siehst, wohin du siehst nur Eitelkeit auf Erden. / Was dieser heute baut, reist jener morgen ein: / Wo itzund Städte stehn, wird eine Wiese sein / Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden:” [Es ist alles eitel]; ideal für Moralpredigten; die Zäsur nach der sechsten Silbe in jeder Zeile wirkt vernichtend; sehr antithetisch; vergleiche → Italienisches Sonett und Englisches Sonett)
Andreas Gryphius